Freitag, 16. April 2010

Mongolei und Kapitalismus - Blog von Kiat Gorina

Im ZEIT Magazin steht diesmal ein informativer Artikel, wie jetzt der Kapitalismus die wenigen reichen Mongolen einvernehmen und ausnehmen will.

Ja, die Mongolei ist reich an Bodenschätzen, da ist jetzt eine Goldgräberstimmung ausgebrochen, ausländische Firmen wollen mitverdienen.

Und da kommt jetzt eine Firma, die Dinge wie Handtaschen, Uhren und Schmuck sauteuer verkauft. Wie rechtfertigen sich diese hohen Preise? Sind diese Artikel besonders langlebig? Sind sie besonders haltbar? Nein, das müssen sie nicht sein. Sie sind exklusiv. Der hohe Preis wird gerechtfertigt, weil sie zu einer Marke gehören.

Früher, in den Basaren, da wurde zum Beispiel ein Dolch nicht nur nach Schönheit und Eleganz bewertet, nein, ein Dolch ist immer noch ein Dolch, und muss sehr scharf sein und auch bleiben. Er muss aus dem besten Stahl geschmiedet sein.

Und jetzt prallt die alte Denkweise der Nomaden auf die Auswüchse des Kapitalismus. Es zeigt auch, dass dieser Kapitalismus in den letzten Zügen liegt. Wozu der Aufwand, um für die vielleicht 5.000 oder gar 10.000 Reichen einen Superladen hinzustellen?

Bei diesem Artikel von Tillmann Prüfer zeigt sich wieder die Wechselwirkung zwischen Anzeigen und Artikel. In den vorherigen Ausgaben gab es ja Anzeigen von dieser Firma, also folgt jetzt ein Artikel über diese Firma, so einfach sind da die Gesetze des Kapitalismus.

Wer mein Buch kennt, fühlt sich vielleicht an das Kapitel "Allgewaltiger Chan" erinnert. Da erlebte ich als Jugendliche, wie aus den einst freien und stolzen Nomaden, den Herren der Steppe, winselnde Gestalten wurden. Diese Entwicklung, die ich damals beobachtet habe, hat sich jetzt noch fortgesetzt in die Aufteilung der Bevölkerung in viele Arme und ganz wenig Reiche.

Prüfer zitiert den Chef dieser Firma mit Worten, die nicht stimmen, z. B. "Die Mongolei muss nun ihre Zukunft bestimmen. Wie wird sie damit umgehen, dass neues Geld ins Land kommt."

Wo kommt neues Geld in die Mongolei? Es ist doch genau andersrum: Die Bodenschätze sollen zu Geld gemacht werden, das dann von der Mongolei abgezogen wird. Natürlich wird es Kollaborateure mit dem Kapitalismus geben, die mitverdienen dürfen.

Prüfer zitiert zwar richtig, dass der letzte Winter sehr viele Opfer kostete: über vier Millionen erfrorene Tiere! Was aber ist mit den Menschen, die erfroren in den verlassenen Gers liegen resp. sitzen? Dabei gab es vor zehn Jahren schon einmal eine solche Katastrophe. Da waren in ihrer Verzweiflung Stadtmongolen wieder in die Steppe gezogen, weil sie leben wollten wie ihre Vorfahren. Allein, in nur einer Generation ging das Wissen verloren, das für das Überleben in der Steppe nötig ist.

Der Autor schreibt: "Vielen Hirten wird nichts übrig bleiben, als ihr Glück in der Stadt zu versuchen ..." Tja, das haben viele ehemalige Nomaden schon mehrfach versucht, ohne Glück. Die früheren Nomaden vergrößern nur das Proletariat in den Städten.

Und mittendrin strampeln sich reiche Mongolen zu einer ihnen fremden Musik ab und lassen sich mit Champagner und Wodka volllaufen ...

Schöne neue Welt?
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