Montag, 12. November 2012

Die Hühnereskorte - Blog von Kiat Gorina



Dass ich beim Ausreiten versehentlich eine Schaf-, Rinder- oder Pferdeherde mitnahm, kam öfter vor. Aber Hühner? Das war neu. Ich hatte Tiger und Miriam bei einem Bauern in Niederoberbach (das heißt wirklich so!) eingestellt. Kam ich mit meinem kleinen roten "Dieselpanzer" angerattert, hängte sich der Hofhund fast an seiner kurzen Kette auf.Er wollte seine Kraul-Einheiten, jetzt sofort! 

So knuddelte ich den großen Kerl kräfig durch.Aber wenn ich nicht aufpasste, hatte ich einen dicken feuchten Hunde-Sabberkuss im Gesicht. Igitt - igitt.

Das hat Riffel gar nicht erst angefangen. Wolfsmischlinge sind eben doch anders. Als ich noch in Düsseldorf im LEJ gearbeitet habe, kam ich nur am Wochenende nach Feuchtwangen. Sonntagabends nahm ich immer den letztmöglichen Zug nach Düsseldorf. Und ich packte frische Kleidung in meine Reisetasche, die wirklich jedesmal so seltsam aus der Form geriet, wenn ich sie offen unten in der Küche stehen hatte. Wie das? Des Rätsels Lösung hing buschig aus der Tasche heraus. Riffels Rute! Immer wieder versuchte sie, sich in der Tasche zu verstecken und so unentdeckt mitzukommen. Klappte aber nie. Entweder war die Tasche zu klein oder Riffel zu groß.

Der Bär brachte mich immer nach Steinach zum Bahnhof.Klar, auch Feuchtwangen hat einen Bahnhof, Schienen sind auch da, nur fährt da nichts mehr. Die Bahn hat die Linie weggespart.

Riffels klägliches Heulen konnte ich sogar noch im wegfahrenden Zug hören. 

Aber dann kam der heiß ersehnte Freitag! Meine gepackte Tasche nahm ich schon mit ins Amt. Und sobald Feierabend war, hetzte ich zur Straßenbahn. Ich wollte den nächsten Zug nach Bayern erwischen, unbedingt! Mal hatte der gewaltig Verspätung, mal fiel er aus, dann wieder war der Zug so überfüllt, dass ich mich nur mit Mühe noch hineinzwängen konnte.Egal, Hauptsache weg aus dieser von Gebäuden und Menschen überquellenden Stadt.

Auch in Steinach wimmelte es von Menschen. Klar, weil da die Bahn nach Rothenburg o.T. abfährt. So bevölkerten ganze Touristenmeuten den Bahnsteig. Hauptsächlich Japaner und Amerikaner. 

Komischerweise gab es in dem Gewühl  immer eine breite Schneise. Und Riffels Freudengeheul war nicht zu überhören! Der Bär hatte ganz schön mit dieser aufgeregten "Riesenmaus" zu tun. Und dann traf die armen Touristen fast der Schlag, sie befürchteten offenbar ein Blutbad. Wie das? 

Riffel schoss auf mich los  - auf den Hinterbeinen stehend ist sie so groß wie ich - sprang mich an - und nahm meinen Unterkiefer in ihr gewaltiges Gebiss! Eben die typische Art von Wolfsjungen. Die erbetteln sich mit diesem Unterkieferbiss Futter von den Erwachsenen. Nun rülpste ich natürlich nicht mein Essen wieder heraus. 

Das ist einfach Riffels Art zu zeigen, dass ich die Leitwülfin bin. Danach steckte sie für eine ganze Weile ihren Kopf unter meinen Arm. Und ich konnte den entsetzten Touristen klarmachen, dass dies nur Begrüßung auf Wolfsart war. 

Zurück zum Wachhund. Nach dem Hund kam die Hühnerschar der Altbäuerin angelaufen. Die warteten nicht nur auf Brotkrümel. Einige von ihnen waren so anhänglich, denen musste ich erst das Bauchgefieder kraulen, sonst wurde ich sie nicht mehr los. Tiger und Miriam warteten auch schon. "Hmm-hmmm-hmmm” und "ii-üüüüh" tönte es im Stall. 

Flott putzte ich die beiden, sattelte Tiger und zog Miriam ihr Halfter an. Nun konnte es losgehen. Miriam war der perfekte Handesel. Mit den beiden auszureiten war, als hätte ich ein Passgespann. Tempo, Schrittlänge, Temperament. Da passte alles. Ich konnte sogar mit den beiden über Baumstämme springen. 

Also los. Um in den Wald zu kommen, musste ich erst quer durch das Dorf reiten. In Höhe der Reithalle sprach mich ein älterer Mann an. Er grinste so seltsam, was war da los? "Wo wollt ihr denn hin? Macht ihr einen Familienausflug?" 

"???" Dass ich immer mit zwei Huftieren unterwegs war, wusste doch jeder im Dorf. Ich musste wohl ziemlich blöd geguckt haben, denn der Mann gluckste jetzt . "Schau dich mal um", konnte er gerade noch herausquetschen, dann schüttelte es ihn vor Lachen. 

Ich sah mich um - und fiel fast vom Tiger. Mit diesem Anhang hatte ich nicht gerechnet. Da trippelte uns Omas gesamte Hühnerschar hinterher. Wie auf einer Perlenschnur aufgereiht. 

Und ich prustete auch los. Dann sah ich zu, dass ich dieses seltsame Gespann heil zurück zum Hof bekam. Da stand schon die Oma, mit einem Eimer voller Gemüsereste in der Hand. Sie wollte den Hühnern etwas Gutes bringen und konnte sie nirgends finden. Auch sie lachte los, klemmte sich das vorderste Huhn unter den Arm und marschierte mit der ganzen Schar zum Hühnerstall. 

Wir restlichen Drei kamen dann doch noch zu unserem flotten Ausritt. 




Hochgeladen von BluesBrothersMusic am 17.10.2008
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